Intro
Liebe Leserin, lieber Leser,
heute möchte ich meine erste persönliche Geschichte vom Wellenreiten mit dir teilen. Es ist mein erster, ernsthafter Versuch, meine Innenwelt nach außen zu bringen, meine inneren Bilder und Gefühle in Worte zu fassen. Es fühlt sich seltsam und ungewohnt an. Mir ist klar, das die Worte nur einen Teil dessen transportieren können, was in mir los ist. Und dennoch ist es ein befreiendes Gefühl, endlich einen Kanal dafür zu finden. Ich lade dich ein, mich als Gefährte auf der Reise in meine Innenwelten zu begleiten.
Das Meer in mir
In den letzten Tagen habe ich immer wieder das Gefühl, mich auf einem weiten, inneren Meer zu befinden. Ich reite auf den Wellen der Gefühle, die von Außen und von Innen entstehen. Je mehr ich mich der Welle, die jetzt gerade da ist, voll und ganz hingebe, umso lebendiger und freier fühle ich mich. Es ist ein schönes Gefühl, das irgendwelche längst vergessenen Zellen aus meiner Kindheit in mir weckt. Ich werde immer mehr zur Wellen und die Wellen werden zu mir. Die Fahrt ins Ungewisse beginnt, jetzt.
Go with the flow
Ich werde hoch getragen, sinke tief nach unten – und steige wieder nach oben. Langsam entsteht eine kindliche Vorfreude auf die nächste Welle. Ein wahres, fast naives Interesse an dem, was ich mit der Welle Neues über mich und das Leben entdecken werde. Ich bin mitten drin und lasse mich voll ein. Dabei wird es immer weniger wichtig, wo mich die nächste Welle hinträgt.
Die nächste Welle kann eine tiefe Angst, Wut oder Schmerz hervorholen, die mich tief nach unten zieht. Oder mit ihr kommt ein Höhenflug, der in mir Freude, Verbundenheit oder tiefe Dankbarkeit für meine Existenz auslöst. Aber auch ein ruhiger See kann als nächstes kommen, der in mir Ruhe, Langeweile oder Inspiration entstehen lässt. Ganz egal. Alles ist möglich.
Was bleibt mir auch anderes übrig? Ich kann nur das annehmen, was gerade ist und mich dem mit ganzem Herzen hingeben. Je länger ich mich im Wellenreiten übe, umso stärker wächst mein Vertrauen in den Moment. Und die Sicherheit, das auch diese Welle wieder vergehen wird und eine Neue auf mich wartet. Dann kann ich die versiegende Welle auch einfach gehen lassen, ohne sie festhalten zu müssen. Es ist wie ein Rausch, der Rausch des Lebens. Das pure Leben, das in jedem Moment auf uns wartet.
Untertauchen und Abheben
Einen zweites Bild drängt sich mir auf, ich kenne es gut aus meiner Vergangenheit. Ich tauche die ganze Zeit unter der Oberfläche des Wassers. Ich bekomme kaum Luft. Alles fühlt sich gedämpft und irgendwie leblos an. Ich nehme mein Umfeld kaum wahr, da ich so beschäftigt bin mit mir selbst. Und vor allem mit meiner größten Angst: nicht auftauchen! Um keinen Preis an die Oberfläche schwimmen, da ist es viel zu gefährlich. Dort bin ich allen Wogen der Kritik ausgeliefert und die anderen würde mich so sehen, wie ich bin: klein, nackt, hilflos und mangelhaft. Lieber schön weiter unter der Oberfläche bleiben.
Dem gegenüber erscheint ein weiteres Bild: ich fliege, ich bin frei und ich bin riesig. Ich kann überall hin und niemand kann mir etwas anhaben. Ha, die Wellen da unten? Interessiert mich nicht die Bohne – das hat alles gar nichts mit mir zu tun! Ich kann alles, bin perfekt und unantastbar. Ich frage mich nur gelegentlich, warum mich und meine Genialität niemand sieht?! Warum ich nicht längst zum Bundeskanzler gewählt wurde? Lediglich – das Gefühl von Einsamkeit beschleicht mich manchmal, so ganz allein da oben zwischen den Wolken. Und niemand sieht mich, als ob ich unsichtbar wäre. Aber schnell fliege ich auch diesem leisen Zweifel einfach wieder davon.
Das letzte Bild: ich stehe alleine und nackt auf einer grünen Wiese. So bin ich, nicht mehr und nicht weniger. Ich stehe irgendwo in diesem Spannungsfeld zwischen klein und groß, wichtig und nichtig, mächtig und ohnmächtig. Alle diese Aspekte sind ein Teil von mir. Und ich erinnere mich an einen Satz der mir während meiner Heldenreise kam: „Gehe in die Welt, zeige dich wie du bist und leiste deinen Beitrag.“ Mehr wird nicht von mir verlangt, aber auch nicht weniger.
Wagnis Leben
Leider bleibt dieses Gefühl jedoch meist verborgen, hinter meinen Gedanken über Vergangenes und Zukünftiges. Es versteckt sich hinter meinen Ängsten und Ablenkungen. So leicht zeigt sich mir das Leben nicht, ich muss schon etwas dafür tun. Nämlich das Risiko eingehen, mich vollständig auf diesen Moment einzulassen. Mich mit ganzen Herzen und allem, was er mir zu bieten hat, hinzugeben. Mich passieren zu lassen. Dieses Wagnis nennt sich Leben.
Wir sind Erdlinge
Langsam betrachte ich die Wellen mit etwas Abstand. Ich gehe ein paar Schritte zurück. Da erkenne ich, das die Wellen nur auf der Oberfläche existieren, auf der Grenze zwischen Wasser und Luft. Hier tobt das Leben und zeigt sich in der Vielfalt aller möglichen Daseinsformen. Darunter und darüber befinden sich jedoch noch weitere Ebenen, die ich nun ebenfalls wahrnehmen kann. Weiter unten liegt ein tiefes, ruhiges Meer mit unendlich vielen Wasserwesen – und darüber erhebt sich der Himmel mit seinen fliegenden und immer unsichtbarer werdenden Formen. Beides ist wie eine eigene, in sich geschlossene Welt mit eigenen Gesetzen und Qualitäten. Mein Geist ist frei, er kann sich in all diesen Welten bewegen. Ich kann mal eine Welle sein, aber auch ein sanfter Wal, ein Felsen tief unten im dunkelsten Meer oder eine Wolke am Himmel, ein ganzes Universum.
Das Innen im Außen
Ich begreife, das es in jedem Moment meine Entscheidung ist, womit ich mich gerade identifiziere. Ich kann mich entscheiden, jetzt eine Welle zu sein, die den Stimmungen des Windes ausgesetzt ist. Doch ich kann auch das Meer sein, tief blau, weit und fließend. Oder ich bin der gesamte Planet Erde und kann wahrnehmen, wie es mir in ihm geht. Trockene Tränen laufen über meine Backen. Es geht mir momentan nicht besonders gut, als Erde. Ein kräftiges Fieber schüttelt mich immer wieder durch. Ich schwitze und blute. Doch ich kann mich spüren, immerhin!
Alles hat unmittelbar mit mir selbst zu tun. Mein Innen wird zum Außen und die Erde wird zu mir. Ich bin wirklich die Erde. Durch sie bin ich geboren, auf ihr lebe ich und ich werde mich auch wieder in ihr auflösen. Mir wird klar: so wie ich mit ihr umgehe, gehe ich auch mit mir selbst um. Was ich ihr antue, tue ich mir an. Und alles Gute was ich ihr gebe, gebe ich mir selbst zurück. Ich bin ein Erdling.
Wellenreiten und Gefühlsreiten
Dieses Lebensgefühl möchte ich so gerne behalten und festhalten. Es soll nie mehr von mir gehen – und kaum das ich es für mich möchte, verliere ich es wieder. Zack – und schon bin ich wieder gefangen in meinen alten Mustern und gewohnten Gefühlszuständen, die ich so gut kenne. Ich will zurück in die Vergangenheit, zu diesem Gefühl des Wellenreitens – doch ich lande nur in meiner vertrauten, bekannten Wahrnehmung. Ah, das alte Leben, es fühlt sich so beruhigend normal an.
Die Erinnerung ist jedoch tief in mir abgespeichert, wie ein kleiner Samen. Und diesen Samen trage ich nun in meiner Hosentasche. Er erinnert mich immer wieder an das Gefühlsreiten, dieses intensive Auf und Ab. Da bin ich offen für alles, was gerade ist. Das hätte ich nie für möglich gehalten, es ist wie ein Wunder. Ist es ein Wunder? Oder ist nicht das die echte, eigentlich so-gemeinte-Realität? Bin nicht ich selbst der, der dieser ständig im Weg steht? Dem Leben immer wieder aufs Neue ausweicht, Ausflüchte erfindet und Meister ist in der Ablenkung vor sich selbst?
Epilog
Ich hoffe, ich habe dich mit diesen Zeilen ein bisschen mitnehmen können, auf mein erstes inneres Abenteuer? Ich wünsche auch dir und allen Lebewesen solche Augenblicke des „Gefühlsreitens“. Oder, wie die Buddhisten das gerne ausdrücken: Mögen alle Wesen glücklich sein und frei von Leiden.
P.S.: Kennst du das Gefühl auch, immer wieder unterzutauchen oder abzuheben? Und geht auch dir die Begeisterung für den Augenblick immer wieder verloren? Glaub mir, auch für mich ist das eine tägliche Übung – und vermutlich eine der Schwierigsten. Es ist eine Fähigkeit, die wir uns als Erwachsene wieder mühsam antrainieren müssen.
Solltest du Interesse daran haben das weiter zu vertiefen, wirf gerne einen Blick auf mein Seminarangebot oder meine individuelle Begleitung.
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